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allein auf Funktion und Computerlogik abgestellte Er dürfte auch die grellbunten Kunstwerke des ehemali-
Bauwerke sind für ihn meist viel zu groß und zu gen PUMA-CEOs übertönen. Kapstadt hat eigentlich
banal; sie haben ihr ausgewogenes Verhältnis zu ihrer etwas besseres verdient. Architekten wie Wolf Brix und
Umgebung verloren. Ein Beispiel dafür ist die perforiert Rem Koolhas hätten diesen Sanierungsfall sicherlich
erscheinende Kuppel im großen Louvre-Museum Jean anders gestaltet oder abgelehnt.
Nouvels in Abu Dhabi. Dieser heimatlose Bau erinnert
zweifelsohne an eine monumentale Moschee, der das Manche neu errichtete Museen rufen nicht ohne
Minarett abhanden gekommen ist. (C. Müller-Straten Grund Erinnerungen an die Tradition der „Moderne“
spricht im neuesten EXPOTIME! von einem Freibad mit im frühen 20. Jh. und an ihre Nachfolger wach. Ein
umgestülpter Macramee-Schale auf pseudogriechi- derartiges Museum befindet sich in Chur, die Bündner
schen Gebäudeblöcken). Daß darin eine Außenstelle Sammlung. Es läßt nach längerer Betrachtung an
des Louvre untergebracht wurde, ist weder von der die Formen des Bauhauses und interessanter Weise
Seeseite noch von der unfertigen Stadt her erkennbar. an einen Schrein oder sakralen Tabernakel denken.
In ihrem Gesamtbild scheinen solche Museen eine
Gigantischer und für europäische Verhältnisse kaum interessante Bereicherung für die Kommunen zu
nachvollziehbar ist das angeblich „größte” Museum der sein. Sie stiften Ordnung und bilden einen attraktiven
Welt in Kapstadt (s. S. 9). Dies kann jedoch nicht so ganz Mittelpunkt für die Ortsansässigen, um sich dort zu
stimmen, denn das seltsame Gebäude beherbergt auch treffen. Eine funktionale und gestalterische Einbindung
andere Nutzer, beispielsweise ein Hotel. Vielmehr scheint in die vorhandene Bausubstanz erfordert jedoch gute
es sich um eine mißglückte Crossover-Idee zu handeln, Kenntnisse der Geschichte der Stadt und ihrer Kultur.
und auch der Begriff „Museum“ ist wohl derzeit ein eher Museen so zu konzipieren und sie in ältere Stadtgefüge
die Zukunft betreffender Wunsch. Ebenso ungewöhnlich einzubinden, bewegt sich allerdings vorrangig auf der
erscheint das Beklemmung auslösende Beton-Innen- Ebene der Ästhetik und Stadtplanung und nicht auf
leben des Getreidesilos, das einer postdadaistischen jener der Museologie. In vielen Fällen hat man den
Installation gleicht: einer Kreuzung von Kathedrale und Eindruck, daß Architekten ganz versessen darauf
großen Körperzellen. Diese Strukturen wirken gewollt sind, ihren Stil und damit ihre Weltanschauung
futuristisch und es hat den Anschein, daß nicht das durchzupauken, ohne sich überhaupt mit der Stadt und
Museum und die dahinterstehende Privatsammlung ihren Museumsbedürfnissen beschäftigt zu haben.
afrikanischer Moderne, sondern seine britischen
Architekten im Mittelpunkt stehen sollen. Dieser Silo Der bekannte amerikanische Künstler James Turell und
verdient weder die Bezeichnung „Museum“ noch den Morten Schmidt gehen von einer neuen Spiritualität und
von „Architektur“, sondern wirkt wie ein nach innen künstlerischen Freiheit in ihrem runden Museumsbau
gestülptes „Monument”, das irgendwie modern sein will. im Aarhus Art Museum in Dänemark aus. Andererseits
Das Louvre-Museum in Abu Dhabi. Architekt: Jean Nouvel. Foto: http://saadiyatculturaldistrict.ae^/Jean Nouvel
MUSEUM AKTUELL 243 | 2017

