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        im  Mittelpunkt,  neben  den  zu  renovierenden  oder   ökologische Aspekte. Das Museum erhält, wie in anderen
        neuen  Museen  zusätzliche  Bildungsangebote  in  die   Kommunen, mit umfunktionierten Industriedenkmälern
        Ideensammlungen einzubeziehen. Dadurch erhält das      eine neue Bedeutung als Ort kreativen Schaffens und
        neue Museum Funktionen von Hochschule, Parlament       des  sich  Begegnens.  Museumsbauten  zeigen  nicht
        und Marktplatz.                                        nur Kunst und das Erbe einer Gemeinschaft, sondern
                                                               greifen  gestaltend  mit  dem  Ziel  ein,  mehr  Menschen
        Dieses Verfahren optimiert zu organisieren, gehört zu   dafür zu begeistern, diese Orte zu nutzen. Mittelfristig
        den Zukunftsaufgaben aller Beteiligten. Herzog und     ist davon auszugehen, daß sich beide im Sinn moderner
        de Meuron verbesserten diese Vorgehensweise in der     Crossover-Ideen  topografisch  und  inhaltlich  nähern.
        Tate  Gallery  in  London,  in  Vancouver  und  bei  ihren   Schon die Kunst- und Wunderkammern waren Orte, an
        anderen  Bauten.  In  Berlin  fließen  diese  Erfahrungen   denen ihre Besitzer bisweilen „öffentlich“ forschten und
        bei der Entstehung der Nationalgalerie zusammen. Das   experimentierten. Im 19. Jh. war kaum vorstellbar, daß
        Ergebnis ist eindrucksvoll, denn diese Sammlung könnte   es zum Bau der großen und teuren „Volksmuseen“ in den
        ein  wichtiges  Zeichen  für  die  Entwicklung  deutscher   moderneren  Vierteln  am  Rande  der  alten  Stadtkerne
        Museen  sein.  Aufmerksamkeit  erweckte  der  3.  Preis   kommen könnte, nachdem die Stadtmauern abgerissen
        von  Fioretti-Marquez  für  die  Nationalgalerie,  denn   worden  waren.  Einige  konservative  aristokratische
        ihre markanten Sheddächer stehen für die zerstörten    Kreise und reich gewordene Kaufleute beanspruchten
        Industriedenkmäler  in  diesem  Gebiet.  Im  Zentrum   das  neu  entstandene  Gebiet,  beispielsweise  an  der
        Berlins gelingt so eine Verbindung neuer Museen mit    Ringstraße in Wien, für ihre Paläste, Gärten, für „ihre”
        den berühmten Werken von Gropius und Scharoun. Sie     Oper, das Burgtheater, für die neuen Luxusgeschäfte,
        geben dem ehedem verwüsteten Grenzgebiet  etwas        Hotels  und  die  wichtigen  Cafés.  Die  großen  Volks-
        vom  Charakter  einer  modernen  „Museumsstadt“.       museen  mit  ihren  Parks  würden  diese  Wünsche  der
        Trotzdem gibt es noch zu korrigierende Entwicklungen   alten  Aristokratie  deutlich  einschränken.  Am  Ende
        im Stadtzentrum, wie die zeitgemäße Einbindung des     siegte das aufgeklärte Bürgertum mit den liberaleren
        Stadtschlosses oder die Fertigstellung der durchaus    Aristokraten, der Kirche und den fortschrittlichen
        gelungenen  Pläne  des  Architekten  Chipperfield.     Orden. Die Museen, das neugotische Rathaus und das
        Vergleichbare Konzepte wie die de Meurons, scheinen    Parlament konnten mit viel Aufwand und Stolz gebaut
        eine Renaissance der beschädigten Stadt einzuleiten,   werden.
        weil  überall  noch  Kriegsschäden,  Provisorien  und
        nach  dem  Krieg  errichtete,  sanierungsbedürftige    Gleichwohl  revolutionär  erschien  viel  später  der
        Billigbauten erkennbar sind. Ob diese Revitalisierungen   unerwartete  Plan  des  Centre  Pompidou  in  Paris,  der
        gelingen, hängt von der Entwicklung der Bevölkerung,   für  die  konservative  Elite  Frankreichs  einen  Affront
        den sozialen Verhältnissen und von den Finanzetats ab.   bedeutete.  Wie  heute  gehörten  schon  damals  einige
                                                               Museumsdirektoren    (ähnlich   den   Managern   in
        Im  spanischen  Santander  resumierte  der  Architekt   Autokonzernen) zu einer „retardierenden“ Generation,
        Renzo  Piano  anläßlich  der  Eröffnung  des  Richtung   die  mit  konventionellen  Kulturbauten  im  guten  Ein-
        weisenden Kunstmuseums Botin die These, daß Museen     vernehmen  mit  der  Politik  und  der  Wirtschaft  die
        und Kunst die soziale Entwicklung einer Stadt fördern   Entwicklung zukünftiger Modelle verhinderten. Heiner
        und, neben dem kulturellen Wohlstand, auf dem Wege     Geißler  nannte  das  einmal  rauhbeinig:  „Man  darf  die
        der  Umweltrentabilität  beachtlichen  wirtschaftlichen   Zukunft nicht alleine den Glatzen überlassen“. Museen
        Wohlstand  (Beispiel:  Lokschuppen  Rosenheim  oder    blieben so vom Stadtquartier und vom Tagesgeschäft
        Guggenheim-Museum in Bilbao), generieren.              „isolierte“  Gebäude  und  dienten  dem  übersteigerten
                                                               Selbstgefühl  von  Architekten  und  Politikern,  weniger
        Aufgrund  der  modernen  Produktionsmethoden,  der     den Sammlungen und ihren Besuchern. Aufgrund der
        besseren  Materialien  und  der  neuen  Bautechniken   gesellschaftlichen Entwicklung der vergangenen Jahre
        denken viele Stadtplaner weniger an eine etappenweise   gerät dieses System allmählich ins Wanken; neue Wege
        Sanierung  der  Substanz,  als  daran,  günstiger  und   und Ziele für das restliche 21. Jh. sind auszuloten.
        nachhaltiger  geplante  Stadtteile  zu  errichten,  statt,
        wie bisher, Stadtteile zu reparieren. Außerdem ist es   Die Serie wird 2018 fortgesetzt.
        effektiver,  so  auf  die  veränderten  Wohnbedürfnisse
        und kulturellen Gewohnheiten der durchmischten mul-    Anmerkungen
        tikulturellen Gesellschaft einzugehen. Im Rahmen die-
        ser  Entwicklung  besteht  die  Gelegenheit,  sukzessive   1   MUSEUM AKTUELL, 239, 2017, S. 16-29. Sämtliche
                                                                   Serienteile erscheinen nach und nach online:
        zielgruppenorientierte Museumskonzepte umzusetzen,             http://www.museum-aktuell.de/index.php?site=future_
        was in älteren Vierteln mit ihren Museen schwieriger       museen&TM=2
        ist.  Insbesondere  Crossover-Ideen  bekommen  die     2    Der   museologische   (eigentlich   technische)   Begriff
        Chance,  in  speziell  geplanten  Gebäuden  realisiert  zu   „Crossover-Museum“  wird   als  neue  Kategorie  in  dieser
        werden, um so zukunftsorientierte Museumsvarianten         Serie  erstmalig  bewußt  eingeführt.  Als  Lösungsmodell
        zu generieren.                                             hat  er  eine  ähnliche  Funktion  wie  der  Terminus  „Inter-
                                                                   imsmuseum“, als Vorläufer eines später oder parallel zu
        Auch  wenn  es  nach  einem  Quantensprung  aussieht,      planenden und zu bauenden Museums. Das Interimsmu-
        bedeutet die Idee eines „Museums mit klarem                seum kann auch als Labor oder als Thinktank verstanden
        Zielgruppenbezug“  eine  lohnenden  Herausforderung.       werden, um neue Museumskategorien zu entwickeln, die
        Die demokratische Einbindung bildungswilliger Bür-         später in die eigentlich Gebäude einfließen. Interessant ist
                                                                   die Parallelität dieser neuen Kategorien.
        ger  gehören  dabei  ebenso  zum  Planungsauftrag  wie


                                           MUSEUM  AKTUELL 243 | 2017
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