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        Nachrichten aus der Museumswelt                        fangreiche  Konvolut  erstmals  öffentlich  gezeigt.  In
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                                                               beiten aus dem Kreis der Familie Gurlitt, während die
                                                               Bundekunsthalle sich auf Werke konzentriert, die NS-
                                                               verfolgungsbedingt entzogen wurden bzw. auf Werke,
                                                               deren Herkunft noch nicht geklärt werden konnte. Die
                                                               Bonner Ausstellung stellt auch die Schicksale der ver-
                                                               folgten,  meist  jüdischen  Kunstsammler  und  -händler
                                                               den  Täterbiografien  gegenüber  und  befaßt  sich  mit
                                                               dem  immensen  Kunstraub  der  Nationalsozialisten  in
                                                               Deutschland  und  den  von  ihnen  besetzten  Gebieten.
                                                               (Bestandsaufnahme Gurlitt. Der NS-Kunstraub und die
                                                               Folgen. Bundeskunsthalle Bonn, 3. November bis 11.
                                                               März  2018;  „Entartete  Kunst“  –  Beschlagnahmt  und
                                                               verkauft. Kunstmuseum Bern, 2. November bis 4. März
                                                               2018; s.a. „Literatur“, S. 6) www.bundeskunsthalle.de
                                                               ■ Bis zum 8. März 2018 zeigt das Deutsche Architek-
                                                               turmuseum in Frankfurt am Main die Ausstellung „Frau
                                                               Architekt“. Zu sehen sind 22 Porträts von Frauen, die
                                                               einen maßgeblichen Einfluß auf die Architektur haben
                                                               und  sie  entscheidend  prägen.  Vertreten  sind  neben
                                                               Almut  Grüntuch-Ernst  und  Gesine  Weinmüller,  Mar-
                                                               garete  Schütte-Lihotzky,  Iris  Dulin-Grund  oder  Lucy
                                                               Hillebrand. Die deutsche Designerin Lilly Reich statte-
                                                               te Ludwig Mies van der Rohes Räume aus. Stahlrohr-
                                                               möbel von ihr rangierten aber unter Mies‘ Namen. Die
                                                               Bildhauerin und Architektin Marlene Moeschke-Poelzig,
                                                               Hans Poelzigs Frau, entwarf das Poelzig-Wohnhaus in
                                                               Charlottenburg.  Doch  diese  Frauen  an  der  Seite  be-
                                                               kannter Architekten kamen der Architekturgeschichte
        Sibylle Bergemann: Katharina Thalbach, Berlin 1973     abhanden. Aktuell gibt es im bauboomigen Deutsch-
        (aus SIBYLLE). © Nachlaß Sibylle Bergemann             land  mehr  Architektinnen  als  Architekten,  was  sich
                                                               gleichfalls  seit  einigen  Jahren  im  Architekturstudium
                                                               widerspiegelt.  Frauen  haben  auch  dort  die  besseren
        ■ Als „Ost-Vogue“ galt die DDR-Zeitschrift SIBYLLE, die   Noten und Abschlüsse. Doch weniger als ein Viertel der
        ab 1956 sechs Mal pro Jahr in einer Auflage von 200    freischaffenden Hochbauarchitekten sind Frauen. Sie
        000 Exemplaren erschien. Ihr Untertitel „Zeitschrift für   verdienen  in  Architekturbüros  durchschnittlich  30%
        Mode und Kultur“ wollte besagen, daß Fotografie, De-   weniger als ihre männlichen Kollegen. (Katalog, 316 S.,
        sign, Mode und Kultur als gleichrangig galten. Beiträge   Wasmuth) www.dam-online.de
        über Kunst, Architektur und Gesundheit waren neben
        der Fotografie entscheidende Elemente. Mit der Aus-
        stellung  „SIBYLLE.  Fotografien  eines  Modemagazins“
        wird erstmalig die komplexe Bedeutung der Zeitschrift
        für  die  Entwicklung  der  Fotografie  in  Ostdeutschland
        vorgestellt.  Über  200  Arbeiten  aus  drei  Jahrzehnten
        von 13 FotografInnen lassen die Entwicklungsphasen
        der DDR-Modefotografie mit ihrem dokumentarischen,
        sozial engagierten Stil erkennen, der die Wirklichkeit
        aus  einer  dem  Menschen  zugewandten  Perspektive
        zeigen  wollte.  Die  Zeitschrift  war  eine  absolute  Aus-
        nahmeerscheinung, der es gelang, trotz beschränkter
        Veröffentlichungsmöglichkeiten  ein  Forum  künstleri-
        scher  Fotografie  zu  sein  und  den  FotografInnen  Ent-
        faltungsspielraum bot, ohne der Zensur ausgesetzt zu
        sein.  (Brandenburgisches  Landesmuseum  für  moder-
        ne Kunst, Cottbus, 3. Dezember bis 11. Februar 2018)
        www.blmk.de

        ■  Zeitgleich  präsentieren  die  Bundeskunsthalle  in
        Bonn  und  das  Kunstmuseum  Bern  mit  unterschiedli-
        chen  Schwerpunkten  eine  Auswahl  von  Kunstwerken   Lino Salini: Margarete Schütte-Lihotzky, „Die erste
        aus dem Nachlaß von Cornelius Gurlitt. Zusammen mit    Frankfurter Architektin auf dem Hochbauamt.“ Zeich-
        dem  aktuellen  Forschunsstand  zum  „Kunstfund  Gur-  nung, 1927. Foto: Horst Ziegenfusz, © Historisches
        litt“  und  seinem  historischen  Kontext  wird  das  um-  Museum Frankfurt



                                           MUSEUM  AKTUELL 243 | 2017
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