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Sonderteil zur EXPONATEC Sonderteil zur EXPONATEC
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Um das Werk besser zugänglich zu machen, es in seiner Viel-
falt zu präsentieren und eine nachhaltige Schonung der wert-
vollen Originale zu gewährleisten, wird zur Zeit ein auf zwei
Jahre angelegtes und von der Ernst von Siemens-Kunststiftung
im Rahmen der Initiative des Bündnisses „Kunst auf Lager“
großzügig gefördertes Erschließungs- und Digitalisierungspro-
jekt durchgeführt. 2018 wird der Bestand in Form eines kom-
mentierten Online-Katalogs und einer virtuellen Ausstellung
erstmals in seiner Gesamtheit der Öffentlichkeit präsentiert.
Sämtliche Werke gelangen dann vom Depot in den Diskurs, und
Heartfields Œuvre wird international in seiner ganzen Vielfalt
wahrgenommen werden.
Kunstwerke, die John Heartfield aus seinem Prager Exil über
London nach Deutschland zurückgebracht hat und solche,
welche die Kriegsjahre in der Sowjetunion überdauert haben,
blicken auf eine bewegte Geschichte zurück, die nicht spurlos
an den Objekten vorbeigegangen ist. Notwendige konservato-
rische oder restauratorische Maßnahmen konnten zu Lebzei-
ten des Künstlers nicht ausgeführt werden. Nach der Übernah-
me durch die Akademie der Künste ab 1971 wurden Werke, die
für den Leihverkehr und Ausstellungsprojekte bereitgestellt
wurden, vorrangig konservatorisch behandelt, für eine syste-
matische Optimierung der Lagerung fehlten finanzielle Mittel Entwurf für eine Broschüre von Z. Mokhov: Social Insurance in
und Kapazitäten. Die nun in Vorbereitung auf die Digitalisie- the USSR, 1945, gestaltet von John Heartfield. Inv.Nr. JH 737
rung erfolgte systematische Bestandssichtung zeigte aber, daß Schadensbild: Ablösung
zur Schadensbegrenzung eine verbesserte Verpackung und La-
gerung nach heutigen konservatorischen Standards dringend
erforderlich ist, um unwiderrufliche Schäden an den Objek- Objektgefährdung durch konservatorisch
ten abzuwenden. Besonders gefährdet sind die empfindlichen
Bildschichten der Fotografien, die für die Montagen verwen- ungünstige Lagerung
det wurden. Eine großzügige Förderung durch die Hermann
Reemtsma Stiftung, ebenfalls im Rahmen von „Kunst auf La- Bisher lagerten die Fotomontagen, in Seidenpapier eingeschla-
ger“ ermöglicht uns nun die Implementierung einer verbesser- gen, übereinander gestapelt in flexiblen Archivmappen in Gra-
ten Verpackung und Lagerung der Originalmontagen und der fikschränken. Diese Lagerungsform führte zu mechanischen
Heartfield-Bibliothek. Hierfür wurde von den Mitarbeiterinnen Belastungen auf die eingelagerten Fotomontagen. Folgeerschei-
der Kunstsammlung in enger Zusammenarbeit mit der hausin- nungen sind abplatzende Malschichten sowie sich abhebende
ternen Restaurierungsabteilung (Volker Busch für die Nachlaß- Elemente. Zudem kam es bisweilen zur lokalen Glanzbildung und
bibliothek und Marieluise Nordahl für die Fotomontagen) ein Abrieb der sensiblen Oberflächen.
Neulagerungskonzept erarbeitet, das im laufenden Jahr um-
gesetzt wird. Die bisherige Aufbewahrung in einfachen Klappmappen begün-
stigte zudem das Einwirken von Klimaschwankungen auf die
Die Original-Fotomontagen fragilen Objekte. Besonders an den Außenkanten traten mitun-
ter Verwellungen auf.
John Heartfields Fotomontagen zeichnen sich durch ihre mate-
rielle Fragilität und eine hohe Diversität an Formaten aus. Das Neukonzeption und Implementierung von
Bildmotiv entsteht durch die mit Leim verklebte Kombination von konservatorisch optimierten Lagerungs-
fotografischen Elementen und Ausschnitten, die in der Regel mit bedingungen für die Fotomontagen
Spritz- und Pinselretuschen oder Übermalungen bearbeitet ist.
In ihrer Funktion als Druckvorlagen wurden die Originalmontagen Eine geeignete Lagerungsform wird die Fotomontagen in Zu-
häufig auf einem stabilen Sekundärträgerkaschiert, der mit Aus- kunft vor weiteren mechanischen Beschädigungen und kurzfri-
schnittmarkierungen und Anmerkungen für den Druck von Heart- stigen klimatischen Änderungen schützen. Zudem wird durch
field beschriftet wurde und wichtige Einblicke in Arbeitsweise die Neulagerung eine einfache und sichere Handhabung der
und Fertigungsprozesse dokumentiert. Objekte gewährleistet.
Beschädigungen der Fotomontagen sind hauptsächlich auf Die Fotomontagen werden auf einen Trägerkarton montiert,
mechanische Einwirkungen zurückzuführen. So weisen die wodurch sie vor dem Verrutschen gesichert sind. Der Trä-
sensiblen Oberflächen aus Fotogelatine und Retuscheschicht gerkarton dient zugleich auch als Montierung und kann für
Kratzer, Abrieb, Glanzstellen und abplatzende Malschichten Präsentationszwecke direkt in die Distanzrahmen (mit drei
auf. Die Träger aus Papier und Pappe sind an Ecken und Kan- verschiedenen Standardmaßen) eingefügt werden. Gerade in
ten vielfach bestoßen, eingerissen oder bereits verloren ge- Hinblick auf die für 2020 von der Akademie der Künste ge-
gangen. Die auf Holzpappe kaschierten Objekte sind entlang plante große Retrospektive, aber auch für den weiteren Leih-
der Kanten meist deformiert. Von chemischen Veränderungen verkehr, wird durch diese so sinnvolle wie effektive Maßnah-
zeugen Silberspiegel auf der Bildschicht der Fotografien. me eine wiederholte Neumontierung, die zwangsläufig auch
MUSEUM AKTUELL 243 | 2017

